Zusammenfassung
Anamnese und klinischer Befund: Eine 23-jährige Patientin wird mit dem Verdacht auf ein akutes Leberversagen in ein
Krankenhaus der tertiären Versorgung verlegt. Vorausgegangen war die Einnahme von
Ciprofloxacin (2 × 500 mg / Tag) über zwei Tage aufgrund von unspezifischen Allgemeinsymptome
(Übelkeit und Erbrechen). Die Beschwerden bestanden bereits seit einer Woche. Anfangs
ist die Patientin neurologisch unauffällig, dann vermindert sich die Vigilanz im Verlauf
bis hin zum Sopor. Bis auf eine Appendektomie im Jugendalter sind keine Vorerkrankungen
bekannt.
Untersuchungen: Die initiale körperliche und klinisch-neurologische Untersuchung ergibt keine auffälligen
Befunde, außer einem Sklerenikterus und diskreten rechtsseitigen Oberbauchschmerzen.
Laborchemisch zeigen sich deutlich angestiegene Transaminasen sowie eine Hyperammonämie
und -bilirubinämie. Das toxikologische Screening ist unauffällig.
Therapie und Verlauf: Es wird die Diagnose eines akuten, möglicherweise medikamentös induzierten, Leberversagens
gestellt. Sofort wird eine Ammoniakdetoxifikation mit Laktulose eingeleitet. Die transjuguläre
Leberbiopsie ergibt eine ausgeprägte, mit erheblichen Zytolysen einhergehende lobuläre
Hepatitis. Bei progredienter Vigilanzminderung wird eine Hirnödemtherapie mittels
Glycerin und Mannitol eingeleitet. Hierunter steigt die Serumosmolarität, der Ammoniakspiegel
sinkt und die Patientin bessert sich neurologisch. Im Verlauf kommt es innerhalb von
48 Stunden zur vollständigen klinischen Rekonstitution und die Lebersyntheseleistung
bessert sich.
Folgerung: Nachdem häufige Ursachen ausgeschlossen wurden, sollte bei einem akuten Leberversagen
auch an eine Fluorchinolon-induzierte Leberschädigung gedacht und eine exakte Medikamentenanamnese
erhoben werden.
Abstract
History and admission findings: A 23-year old female patient is referred to our intensive care unit from another
hospital because of progredient neurological deterioration with sopor. One week before,
she had experienced non-specific pain in her upper right stomach combined with vomitus
and nausea. For two days, she had been treated with ciprofloxacin 2 × 500 mg / d by
her primary care physician. Except for appendectomy in childhood, no other diseases
were reported.
Clinical investigation: Physical examination reveals mild scleral and dermal jaundice. There is tenderness
of the upper right abdomen. Initially, no neurological pathological findings are obvious.
Laboratory results show an increase of liver aminotransferases, bilirubin, and ammonia.
The toxicological screening is negative.
Treatment and course: Hepatic encephalopathy due to acute hepatic failure is diagnosed and detoxification
of ammonia with lactulose is started. Transiugular liver biopsy confirms lobular hepatitis
with cytolysis. Because of progressive deterioration additional treatment to prevent
cerebral oedema is initiated. Consecutively serum osmolality decreases, and ammonia
and neurological status normalize.
Conclusion: This report illustrates toxic acute liver failure after treatment with ciprofloxacin.
Schlüsselwörter Akutes Leberversagen - Fluorchinolon - Hepatische Enzephalopathie - Hepatitis
Keywords acute liver failure - fluoroquinolone - hepatic encephalopathy - hepatitis